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Mit "Sprachportraits" startet eine neue Artikel-Serie auf dem alugha-Blog, in der Einzelsprachen porträtiert werden. Den Anfang macht das Baskische.
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Estimated reading time:7minutesDas Baskenland -- hügelig und regnerisch in den Bergen, recht sonnig am Atlantik. Viele denken an die Baskenmütze, andere an die Pintxos, wie die baskischen Tapas genannt werden, wieder andere denken vielleicht an das Guggenheim-Museum in Bilbao (oder Bilbo, wie die Stadt auf Baskisch heißt -- die Hobbits lassen grüßen und fühlen sich im Baskenland sicherlich auch wohl).
Das Baskenland ist eine grenzübergreifende Region im Süden Frankreichs und im Norden Spaniens. Insgesamt gibt es sieben Provinzen, von denen drei in Frankreich, vier in Spanien liegen. Und im Baskenland spricht man eine besondere Sprache -- nämlich Baskisch (in der Sprache selbst nennt man es übrigens euskara oder euskera). Vielleicht hast du schon davon gehört, vielleicht auch nur bedingt. Es gibt Menschen, die denken, dass Baskisch mit dem Spanischen verwandt ist, oder auch, weil es sich um eine Minderheit handelt, so ähnlich ist wie Katalanisch. Das ist falsch. Vielleicht kennst du dich aber auch ein wenig besser aus und weißt, dass das Baskische mit keiner anderen Sprache verwandt ist.
Es gibt zahlreiche Theorien darüber, woher das Baskische kommt, aber keine hielt sich. So geht man nun einfach davon aus, dass es eine isolierte Sprache ist. Isolierte Sprachen gibt es mehrere, aber Baskisch ist die einzige in Europa. Dies macht es zu etwas Besonderem, wofür sich schon Wilhelm von Humboldt interessierte. Man geht davon aus, dass das Baskische älter ist, als die Sprachen, die es umgeben.
Aufgrund der Tatsache, dass Baskisch eine isolierte Sprache ist, unterscheidet es sich stark von den indoeuropäischen Sprachen, die es umgeben. Natürlich ist jedoch der Einfluss des Spanischen, des Französischen und des Gaskognischen ebenfalls präsent (vgl. Haase 1992). Selbstverständlich sind alle der ungefähr 600 000 Sprecher:innen des Baskischen mehrsprachig. Besonders in Frankreich ist die Sprachpolitik bekanntlich ziemlich rigide (Das Baskische habe ich dort übrigens auch kurz angerissen. Schau also gerne nochmal in den Artikel rein). Doch zurück zu den Besonderheiten des Baskischen, die hier nicht alle erwähnt werden können.
Nichts typisch Baskisches, aber anders als in den gängigen Schulsprachen, ist die Wortstellung im Baskischen. Die neutrale gängige Abfolge ist Subjekt-Objekt-Verb. Nein, es ist nicht die gleiche Stellung, die Meister Yoda benutzt. Seine Abfolge ist Objekt-Subjekt-Verb, aber das heben wir uns für den 4. Mai auf.
Ein typischer baskischer Satz ist demnach:
Mirenek gereziak jan du
Miren Kirschen essen AUX
‘Miren hat Kirschen gegessen’
Möchte man im Baskischen etwas hervorheben, benötigt man das konjugierte Verb direkt nach der hervorgehobenen Information des Satzes. Auf Baskisch nennt man diese Galdegaia.
Gereziak jan du Mirenek.
'Kirschen hat Miren gegessen.'
Eine der größten Besonderheiten ist sicherlich, dass es sich um eine Ergativ-Absolutiv-Sprache handelt. Was ist das denn? Es handelt sich hierbei um ein anderes Kasussystem, als wir es beispielsweise im Deutschen kennen. Hierzu müssen wir ein wenig tiefer in die Grammatik eintauchen. Vielleicht hast du schon einmal etwas von transitiven und intransitiven Verben gehört. Ein Verb ist transitiv, wenn es ein Objekt benötigt, intransitiv, wenn dies nicht der Fall ist. Bei einem intransitiven Verb steht im Baskischen das Subjekt im Absolutiv (ABS), bei einem transitiven im Ergativ (ERG). Das Objekt steht in letzterem Fall wiederum im Absolutiv. Schauen wir uns das anhand von Beispielen an.
Kepa badator
Peter.ABS kommt
(Haase)
Mirenek abesti bat kantatzen du
Miren.ERG Lied.ABS ein singen.PROG AUX
Weltweit gibt es noch mehr Ergativ-Absolutiv-Sprachen. Dazu zählen beispielsweise Grönländisch oder Georgisch.
Dieser Satz kommt nicht von mir, sondern von einem Kommilitonen. Er hatte recht. Im Baskischen braucht man theoretisch kein Subjekt oder keine Objekte zu realisieren. Alles kann in einem Verb oder Hilfsverb markiert werden. Betrachten wir einen simplen Satz. ‘Jon hat Miren gesehen’.
Jonek Mireni ikasi dio
Jon.ERG Miren.DAT sehen AUX
In diesem winzigen Auxiliarverb steckt die Information “er/sie” bzw. eigentlich nicht, da es Genus im Baskischen nicht wirklich gibt, aber es enhält die Information 3.Person Singular, sowie dass das Objekt im Dativ steht. Bei entsprechenden Kontext könnte man sagen “Ikasi dio” (“Er hat sie gesehen”).
Dieses Puzzle kann man ausbauen. Zum Beispiel “diguzue” bedeutet (“ihr habt es für uns”) (Haase). Das klingt jetzt gar nicht so kompliziert, aber ich beiße mir daran regelmäßig alle Zähne aus.
Auch das Baskische verfügt über verschiedene Varietäten (in meinem oben bereits verlinkten Artikel über Minderheitssprachen in Frankreich habe ich das bereits angerissen), die sich teilweise sehr voneinander unterscheiden, besonders phonetisch (Es handelt sich aber dabei eindeutig um Dialekte). Hier nochmal ein Auszug aus dem kleinen Prinzen in Standardbaskisch (6) und im nordbaskischen Souletinisch (7)
(6) Ene marrazkiak ez zuen kapelu bat erakusten.
Meine Zeichnung.ERG NEG AUX.PST.3SG Hut INDEF zeigen
'Meine Zeichnung stellte keinen Hut dar.'
(7) Ene marrazkiak ez züan txapel bat agertzen.
Das Standardbaskische Euskara Batua ("vereintes Baskisch") ist ein bisschen konstruiert. Nachdem unter Franco die Minderheiten in Spanien unterdrückt wurden, verschwand auch das Baskische fast komplett von der Bildfläche. Um es wieder aufleben zu lassen, waren verschiedene sprachpolitische Maßnahmen notwendig, PR sozusagen. Dazu zählten zum Beispiel Verschriftlichung und Unterricht in baskischer Sprache. Um dies aber möglich zu machen und um das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Bask:innen zu stärken, brauchte man eine standardisierte Variante. Viele Sprecher:innen des Baskischen sind heutzutage Neo-Sprecher:innen, die es erst in der Schule so richtig gelernt haben.
In Frankreich verhält sich dies etwas anders, da die französische Sprachpolitik wesentlich restriktiver ist.
Kaixo! -Hallo
Ni Lisa naiz- Ich bin Lisa.
Nor zara zu?- Wer bist du?
Zer moduz? - Wie geht es dir?
Ondo nago. - Mir geht es gut.
Agur - Auf Wiedersehen!
Maite zaitut - Ich liebe dich!
Anders als andere indoeuropäische Sprachen, verfügt das Baskische nicht über ein Dezimal-, sondern über ein Vigesimalsystem. Das bedeutet, dass Zahlen nicht in Zehner-, sondern in Zwanzigerschritten ausgedrückt werden. So ist zum Beispiel die Zahl 30 im Baskischen “zwanzig und zehn” (“hogeitahamar”), oder 40 ist “zweimalzwanzig” (“berrogeita”). Im Französischen gibt es das teilweise. 80 bedeutet zum Beispiel “vier Zwangziger” (quatre-vingts). In der Linguistik wurde deshalb angenommen, dass dies ein Einfluss des Baskischen sei. Dafür spricht jedoch recht wenig, da die anderen Sprachen, die das Baskische umgeben (wie z.B. Spanisch) dieses System nicht haben. Vielmehr könnte es ein Bretonischer Einfluss sein (vgl. Kaiser 2014). Aber das ist eine andere Geschichte…
Was weißt du noch über das Baskische? Hast du Ideen, wie man kleine und bedrohte Sprachen erhalten kann.
#alugha
#everyoneslanguage
#multilingual
Quellen:
Gabriel, C., & Meisenburg, T. (2017). Romanische Sprachwissenschaft (Vol. 2897). UTB.
Haase, M. (1992). Sprachkontakt und Sprachwandel im Baskenland: die Einflüsse des Gaskognischen und Französischen auf das Baskische. Buske
Hualde, J. I., & Ortiz De Urbina, J.(Eds.). (2011). A grammar of Basque (Vol. 26). Walter de Gruyter.
Kaiser, G. A. (2014). Romanische Sprachgeschichte. Paderborn: Fink.
https://www.martinhaase.de/bask-allg.html (04.08.2021, 12;25)
https://www.martinhaase.de/bask-str.html (04.08.2021, 12:26)
https://www.martinhaase.de/bask-herkunft.html (04.08.2021, 12:26)
Antoine de Saint-Exupéry. Printze txikia.2001. Donostia elkar Ediciones Salamandra, Übersetzung von Patxi Zubizarreta
Antoine de Saint-Exupéry. Printze ttipia. 2013.Mauléon: Sü Azia, unbekannte:r Übersetzer:in
Bildquelle: Edurne Chopeitia via Unsplash
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